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Bergfest und wieder 200 Tage

  • Autorenbild: Dorothea Sträßner
    Dorothea Sträßner
  • 13. Feb. 2016
  • 14 Min. Lesezeit

Schon ist der Januar rum und wie versprochen gibt es etwas zu berichten: Ich war mit den UKZN Warriors auf Meisterschaft und beim Zwischenseminar des ELM. Langsam habe ich mich an die Sommertemperaturen gewöhnt und konnte die vergangenen drei Wochen wirklich genießen:


Freitag, 22. Januar: Heute ging es dann nachmittags weiter mit dem Training und vor allem der Arbeit an unserer Choreographie, nachdem es morgens frei gab, um administrative Angelegenheiten mit der Uni etc. zu klären. Abends haben wir dann – meiner Meinung nach endlich! – extended liberties eingeführt (für die Nichtcheerleader: eine Person steht auf einem Bein auf den über den Kopf ausgestreckten Händen von zwei bis drei weiteren Personen). Was in Deutschland Standard ist, ist hier was Neues. Da sieht man mal, dass der Cheerleadingsport in Südafrika noch recht jung ist. Auf dem Bild könnt ihr mal einen Eindruck gewinnen von meinem Studentenwohnheimzimmer, das ich für einige Tage bewohnt habe.


Samstag, 23. Januar: Heute gab es dann drei lange Proben (Pausen waren zum Glück trotzdem noch drin), und zu meiner Überraschung hatten wir abends auf einmal die komplette Choreografie auf die Beine gestellt! Damit hatten wir uns einen Team-Abend reichlich verdient. Ich weiß nicht, ob es „Charades!“ (Video) auch auf Deutsch gibt, vielleicht kann mich da jemand aufklären, aber diese Tabu- oder Activity-ähnliche App sorgt echt für viel Spaß und ist hier gerade sehr beliebt.

​Sonntag, 24. Januar: Vormittags habe ich eine kurze Pause vom Trainingscamp genommen, und bin zum letzten Vorbereitungsseminar der Süd-Nord-Freiwilligen gefahren. Dort habe ich einen Workshop zum Thema „Religion & Religiosität“ gehalten, für den sich die vier glücklicherweise sehr interessiert haben. Vollkommen unerwartet kam für sie, wie viele Katholiken, aber vor allem Atheisten es gibt (ca. 33%, sie hatten unter 5% geschätzt). In Südafrika ist es eben die Frage, welcher Denomination man angehört, und nicht, ob man überhaupt Christ oder Christin ist. Außerdem gab es viele Fragen dazu, wie und wie offen man seinen Glauben in Deutschland auslebt, zum Beispiel, ob man auf den Pastor hören muss, ob es Gebetsgruppen gibt, wie Jugendarbeit funktioniert… Während sie noch weiter auf ihre Ausreise nach Deutschland in den nächsten Wochen vorbereitet wurden, ging es für mich zurück zu den Trainingseinheiten für die näher rückende Meisterschaft.


Montag, 25. Januar: Heute gab es – zwei Tage vor Ende der Trainingszeit – nur eine Abendeinheit. Zunächst wurde wieder Zeit benötigt, um die Registrierung bei Uni und Wohnheimen zu klären. Ich als Noch-Nichtstudentin habe das freie WLAN genutzt und, angesteckt von der Uniatmosphäre, Studentenwohnheime für mein Studium in Hamburg recherchiert. Vom Gefühl her ist die Heimreise nach Deutschland mit dem Jahreswechsel unglaublich viel näher gerückt, da ich jetzt nicht mehr von „nächstem Jahr“ wenn ich zur Uni gehe sprechen kann, sondern mich schon in einigen Wochen bewerben muss. Dann kommen ab heute alle Studenten aus den Semesterferien zurück, und so wurden auf einmal die Wohnheimzimmer, in denen wir bisher gewohnt hatten, neu verteilt. Eine neue Unterkunft für uns zu finden hat wegen administrativer Irrrungen und Wirrungen aber den ganzen Tag gedauert, und so mussten wir mit unserem Gepäck warten, bis wir abends schließlich neue Zimmer bekommen haben. Ein Hoch auf die Verwaltung!


Dienstag, 26. Januar: Heute ist passiert, was vor einer Meisterschaft verboten gehört: Ich habe mich verletzt. Für nur einen Stunt sollte ich Flyer sein und nach oben gehen, was bei den bisherigen Trainings auch geklappt hat, doch dieses Mal bin ich unglücklich abgerutscht und gefallen, und konnte den Trainings von nun an nur mit Verband und Krücken vom Rand aus beiwohnen. Was genau passiert ist, erfahrt ihr unten, aber immerhin habe ich jetzt auch ein Krankenhaus von innen gesehen und eine neue Lieblingsunterhaltung mit wildfremden Menschen gefunden: „Oh shame, what happened?“ – „It’s a sports injury. I fell and ruptured my ligament. “– „Is it painful? “ – „It’s only uncomfortable. Nothing bad, but really annoying.” – “I hope You get well soon!” – “Thaaank You”. Mehr oder weniger exakt so hat sich das Ganze bisher schätzungsweise 50 Mal abgespielt.


Mittwoch, 27. Januar: Und schon brach der letzte Tag des Trainingscamps an. Zwar gab es drei Proben, und wir haben auch auf einmal alles schön und sauber hingekriegt in den letzten beiden Proben. Jedoch hat es mich schon ganz schön irritiert, dass beispielsweise die Nachmittagsprobe 1,5 Stunden zu spät angefangen hat. Nicht, dass viele Leute nicht auch vorher schon häufig zu spät gewesen wären. So etwas bei der Quasi-Generalprobe (Video) bin ich aber einfach nicht gewohnt und es hat mich ganz schön nervös gemacht, dass nicht mal zum Endspurt alle pünktlich waren. Letztendlich hat aber alles geklappt und es ging das letzte Mal im Wohnheim zu Bett.

​Donnerstag, 28. Januar: Frühmorgens wurden wir zum Flughafen abgeholt, wo um sechs Uhr morgens der Flug nach Johannesburg und von dort aus um zehn Uhr nach Potchefstroom ging, wo die diesjährigen Cricket und Cheerleading Varsity Championships, also Universitätsmeisterschaften, stattfanden. Auf der Busfahrt von Johannesburg nach Potchefstroom durfte unser geliebtes Charades! -Spielen (Video) natürlich nicht fehlen. Nachdem wir angekommenwaren, ein Mittagessen und unsere Uniformen bekommen hatten ging es zum Stadion, um abwechselnd mit den anderen Cheerleadingteams bei den Cricketspielen anzufeuern. Für mich halt wegen des Fußes nur von der Tribüne aus.


Freitag, 29. Januar: Auch heute fand noch nicht die eigentliche Cheerleadingmeisterschaft statt, aber neben einer weiteren Einheit Sideline-Cheer hatte das Team nochmal Zeit, für die Meisterschaft zu trainieren.


Samstag, 30. Januar: Heute war es dann so weit! Nach einem allerletzten Training, zu dem auch unsere Trainerin mit ihrem Baby angereist ist, waren wir mittags als zweites von acht startenden Teams gestartet. Zwischendrin durfte ein bisschen Gesang und Tanz (Video) natürlich nicht fehlen, um die Laune hoch zu halten. Es war einer unserer besten, wenn nicht DER beste Durchlauf (Video) und alle waren echt stolz, sogar die gegnerischen Teams haben unseren Cheer am Anfang mitgerufen und wir dann ihre, was echt eine kameradschaftliche Atmosphäre geschaffen hat. Genannt wurden nur Platz 1 bis 3, wo wir leider nicht mit dabei waren. Am folgenden Freitag haben wir aber erfahren, dass wir Vierte geworden sind – tolle Leistung dafür, dass wir uns das erste Mal überhaupt für die gesamte Meisterschaft qualifiziert hatten! Nachmittags waren wir dann wieder zum Sideline-Cheer eingeteilt und abends sollte es dann noch für die Cricket- und Cheerleading-Meisterschaft ein Dinner geben. Da das Cricketfinale aber noch ziemlich lange ging, wurde das Essen erst um Mitternacht serviert, und so war ich ziemlich hungrig und dann müde. Dennoch war es eine total wertvolle Erfahrung, mit dem Team auf diese Meisterschaft zu fahren! Selbst wenn es mit den Krücken häufig sehr anstrengend war, sich in der Hitze fortzubewegen. Glücklicherweise wurde mir hier und da Hilfe angeboten. Das geschah meist auf Afrikaans, da Potchefstroom in der North West Province, im Gegensatz zu Durban in KwaZulu-Natal, eine sehr afrikaanssprachige Gegend ist, nicht nur für die weiße Bevölkerung. Neue Lieblingsphrase: „English please!“


Sonntag, 31. Januar: Morgens um vier, während der Rest des Teams noch gefeiert hat, ging es für mich los. Erst ab fünf Uhr – es wurde doch halb sieben Uhr – nach Johannesburg, wo ich auf meine Mitfreiwilligen Nadin, Esther, Frieda und Lisa getroffen bin. Zusammen ging es mit einem weitern Fernbus nach Howick, wo das Zwischenseminar des ELM stattfinden sollte. Kaum zu glauben – über die Hälfte meines Freiwilligendienstes ist nämlich schon um, und ich habe sogar schon mein Rückflugdatum bekommen! Gegenüber der Bushaltestelle gab es die Howick Falls zu bewundern - der Umgeni River stürzt hier fast 100m in die Tiefe. Es war sehr schön, nach dem Vorbereitungsseminar im Juni mit der ganzen Gruppe zusammen zu sein. Einige Mitfreiwillige hatte ich seitdem auch gar nicht wieder getroffen. Dennoch war immer noch ein gutes Gemeinschaftsgefühl da. Unsere Mentorin Elke hat das Seminar zusammen mit unserer neuen Koordinatorin Annika geleitet, die extra aus Deutschland angereist ist. Wir sind langsam in das Seminar eingestiegen mit einer kurzen Einführung in das Red Acres Retreat, wo wir gewohnt haben, und den geplanten Seminarverlauf. Dann gab es abends in zwei Gruppen noch eine Austauschrunde, wie es uns gerade so ging und wo wir stehen in unserem Freiwilligendienst.

Montag, 1. Februar: Heute ging es los mit dem Seminar, in dem wir vor allem viel über unseren bisherigen und noch vor uns liegenden Dienst reflektieren sollten. Da ging es heute zum Beispiel um Entwicklungen und Gaben, die wir an uns entdeckt haben, so wie an Erwartungen, Vorstellungen und Wünsche, die sich erfüllt, oder eben nicht erfüllt haben. Dazu wurden uns Briefe ausgehändigt, die wir beim Vorbereitungsseminar an uns selbst geschrieben haben. Die hatte ich schon ganz vergessen, und es war schon fast peinlich zu lesen, was für Vorstellungen und Prioritäten man damals gesetzt hat. Ich habe zum Beispiel viel über die Gruppe geschrieben, weniger jedoch über konkrete Wünsche für die Arbeit und mein Leben in Durban.

Dienstag, 2. Februar: Heute ging es weiter mit der Reflexion – meist erst in Einzel-, dann in Partner- oder Kleingruppenarbeit. Es ging dabei um Herausforderungen, und wie wir mit diesen bisher umgegangen sind. Als erstes kam mir dabei meine schwierige Arbeitssituation im CCC in den Sinn, die ja jetzt glücklicherweise bald zu Ende ist. Überraschender- und wohltuenderweise habe ich dann aber entdeckt, wieviel ich eigentlich doch geschafft habe – Orientierung in Durban (bei meinem Talent wirklich eine Errungenschaft!), ein meiner Meinung nach nicht zu verachtendes soziales Umfeld, ein bisschen Zulukenntnis, eigenständiges Leben, Spagat zwischen Leben hier und Kontakt nach Hause… Am Nachmittag gab es dann die erste über uns hinausgehende Einheit zum Thema Rassismus, von der ich aufgrund eines Arztbesuches leider nur das Ende mitbekommen habe. Es war aber definitiv spannend, vor allem mit den Freiwilligen, die an der Wits-Uni in Johannesburg arbeiten, über Studentenproteste, die Zuma-Regierung etc. zu diskutieren. Sehr interessant war auch eine Übung, um verborgenen Rassismus in jedem von uns aufzudecken. Probiert es mal aus: Schreibt das allererste Wort auf, das euch zu den Begriffen Schwarzer, Weißer, Muslim, Iraner, Inder… einfällt. Abends kam dann für mich das Herzstück des Seminars, nämlich das einstündige Einzelgespräch. Da möchte ich jetzt nicht in’s Detail gehen, aber ich denke ich habe jetzt wieder meinen Frieden mit dem ELM und kann mich im Guten vom CCC verabschieden und auf die neue Stelle in der Kenosis Community Ende des Monats einlassen.


Mittwoch, 3. Februar: Eine weitere Einheit, die mir überraschend viel gebracht hat: Pläne und Ziele für die restliche Zeit. Gerade wegen des Projektstellenwechsels kommt es mir so vor, als ob mir auch die verbleibenden weniger als sechs Monate nicht langweilig werden kann. Abschied von Durban, Einleben in Kenosis, mehr Zulu lernen, Urlaub mit meinen Eltern, weitere Besuche und Ausflüge… Ich bekomme meine Zeit sicherlich wie immer gut gefüllt. Auch eine weitere interessante Übung: mit uns als Zentrum sollten wir die Menschen, die wir bisher kennengelernt haben, dargestellt durch die Mitfreiwilligen, um uns herum je nachdem anordnen, wie nahe sie uns stehen. Da ist mir aufgefallen, wie komplex mein relativ junges Netzwerk hier doch ist mit Arbeitskollegen, Freunden, Cheerleadern… und glücklicherweise bin ich bei einigen von ihnen guter Dinge, dass ich sie auch trotz meines Umzugs noch wenigstens ein paar Mal sehen kann.

Donnerstag, 4. Februar: Nachdem beim Vorbereitungsseminar schon einige externe Referenten eingeladen worden waren, durfte auch hier wenigstens ein Input von außen nicht fehlen. Joe, den Maxi und ich ja schon kannten, hat uns in die Kirchenstrukturen der lutherischen Kirchen eingeführt, mit uns aber auch nochmal über einige kulturelle Eigenheiten gesprochen, die für uns bisher Konfliktpotentiale dargestellt haben. Da ging es zum Beispiel um das Schlagen von Kindern oder das Nichteinhalten von Zusagen, die er uns noch einmal erklärt hat. Merke: Stelle lieber keine Ja/Nein-Fragen, man könnte aus Respekt ein „Ja“ bekommen, obwohl „Nein“ gemeint ist.

Freitag, 5. Februar: Schneller, als uns lieb war, ging das Seminar dann auch zu Ende und nach einem Abschiedsvormittag und Warten auf das Auto, das auf dem Weg, uns abzuholen auf der Autobahn liegengeblieben war (nicht Deine Schuld, Tine :D), ging es dann erst nach Pietermaritzburg und von dort mit dem Bus zurück nach Durban. Nach zweieinhalb Wochen tat es wieder mal gut, in den eigenen vier Wänden zu sein. Mareike, eine Freiwillige aus Winterton, einem Dorf in den Drakensbergen, war vor ihrem gemeinsamen Zwischenseminar mit Ferdi bei uns zu Besuch, und so ging es abends noch zu Jack Rabbit’s. Auch Kayla war dabei, die in der vergangenen Woche nach ihrem Au-pair in Singapur und Australien wieder nach Durban zurückgekehrt ist.

Samstag, 6. Februar: Wie auch nach meiner letzten längeren Abwesenheit ging es heute erstmal mit Chantal zum Strand. Langsam bin ich echt zufrieden damit, wie ich den Strand ausnutze und der Sommer dauert jetzt, wo es quasi Anfang August ist, ja auch nicht mehr für immer. Zunächst ging es aber zu einer Cheerleadingschulung. Da war es wieder ganz interessant zu sehen, wie ähnlich SAMCA (South African Majorette and Cheerleading Association) und der CCVD (Cheerleading und Cheerdance Verein Deutschland) doch arbeiten, wieviel weniger Teams es jedoch gibt und wieviel einfacher viele Stunts noch sind. Abends bin ich dann mit zu Chantal nach Hillcrest nordwestlich der Stadt gefahren um bei ihr zu übernachten. Wir haben im Kino Leonardo DiCaprio’s neuen Film „The Revenant“ (Heißt der im Deutschen auch so???) geschaut. Macht nicht glücklich, aber den Oscar bekommt er doch jetzt bitte endlich mal, oder?


Sonntag, 7. Februar: Morgens bin ich mit zu Chantals Kirche gegangen, sie ist katholisch. In Deutschland war ich nie in einem katholischen Gottesdienst, aber es war mal ein Kontrast zu den ansonsten sehr zulu-geprägten oder freikirchlichen Gottesdiensten, die ich bisher hier besucht habe. Nach einem Bummel über den Farmers‘ Market ging es dann zurück nach Durban, wo ich mich gleich auf den nächsten Strandtag mit einigen Mitgliedern des Cheerleadingteams aufgemacht habe. Alles in allem war das ein sehr entspanntes, aber unterhaltsames Wochenende, das ich dann noch mit dem Abendgottesdienst in der Grace Family Church abgerundet habe!

Montag, 8. Februar: Heute ging das Verabschieden von meinen Kontakten in Durban los. Zwar steht mein genaues Umzugsdatum noch nicht fest, jedoch sind es nicht mehr als drei Wochen.

​Dienstag, 9. Februar: Heute war ich zum vielleicht letzten Mal Teil unserer „Kinodienstag“-Tradition. Selbst wenn es traurigerweise so sein sollte, hat sich der Film „Daddy’s Home“ (Ich weiß wieder nicht, ob der nicht in Deutschland einen anderen Namen hat…) sehr gelohnt – nicht nur wir haben vor Lachen das Kino zusammengeschrien. Für umgerechnet nicht einmal 2€ in’s Kino gehen zu können werde ich echt vermissen.

​Mittwoch, 10. Februar: Nachdem es lange nicht mehr geklappt hatte, konnte ich zu Aschermittwoch endlich wieder eine kirchliche Aktion mitmachen. Die beiden lutherischen Kirchen haben zusammen abends eine Devotion veranstaltet. Nach einer stark gekürzten liturgischen Einleitung haben wir einige Hymnen auf Zulu und auf Englisch gesungen, bevor jeder nach vorne gekommen ist. Dort haben vier Pastoren am Altar gestanden, man hat sich vor sie gekniet und wurde dann mit einem Aschekreuz auf der Stirn gesegnet. Danach gab es eine Predigt über die bevorstehende Fastenzeit und was für ein Muss es doch für Lutheraner sei, zu fasten. Außerdem ging es darum, Gutes zu tun nicht für die Anerkennung anderer Menschen, sondern für Gott.


Donnerstag, 11. Februar: Rechtzeitig vor meinem Umzug habe ich noch einen weiteren Punkt auf meiner to-do-Liste abgehakt: Matthew hat mich in die beiden wichtigsten Museen mitgenommen. Das sind einmal das Museum of Natural Science und die Art Gallery in der City Hall, sowie das Old Courthouse Museum, wo es um lokale Geschichte geht. Im Museum of Natural Science sind vor allem ausgestopfte Tiere zu sehen, wie die allseits bekannten Elefanten, Zebras etc. Andererseits gab es auch einige aus deutscher Sicht exotische Vögel, Reptilien und Säugetiere zu sehen, die eigentlich genauso typisch für die Gegend sind. Den Blick vom Eingang der City Hall auf den Vorhof im Vordergrund, dann die Statuen im kleinen Park und die Hochhäuser im Hintergrund habe ich nun auch endlich mal fotografisch eingefangen. Im Old Courthouse Museum wurden dann z.B. Namensgeber einiger Straßen vorgestellt oder man konnte den Nachbau einer Apotheke aus Durban im 19. Jahrhundert besichtigen – very British. Die Museen in Durban sind übrigens alle von der Municipality, der Gemeinde, betrieben und kostenlos besuchbar. Dafür, dass die Municipality nicht immer den Ruf hat, besonders effektiv zu sein, sind die Museen in einem wirklich sehr guten Zustand und ziehen Schulgruppen aus der ganzen Region an.


Freitag, 12. Februar: Ein weiteres wahrscheinlich letztes Mal war heute der Strandausflug mit den Grade R-Kindern. Es ist jedes Mal wieder einfach unglaublich schön zu sehen, wie die Kinder mal genug Platz haben und sich einfach austoben und selbstständig spielen können, ohne dass es stressig oder ohrenbetäubend laut wird. Was nicht heißt, dass 48 Kinder nicht trotzdem oft genug etwas vom „Teacher!!!“ wollen. Abend habe ich dann meine Durbaner Freunde in Bruskies Bar & Grill eingeladen, um nochmal alle, die kommen konnten, zu sehen. Danke allen, die da waren!


Thema #21, Krankenhaus- und Ärzteerfahrungen: Zwar war ich schon einige Male beim Hausarzt, was auch immer gut geklappt hat. In’s Krankenhaus zu gehen ist aber eine ganz andere Erfahrung. Ich bin nach meinem Umknicken beim Cheertraining in das Life Entabeni Hospital gekommen, was eine private Klinik ist. Aufgrund unserer Versicherung dürfen wir nur in private Krankenhäuser, was bei dem teilweise echt schlechten Ruf der staatlichen Krankenhäuser sehr beruhigend ist. Das Entabeni Krankenhaus war auch recht schick von innen und man hat mir gleich einen Rollstuhl und vorsorglich Schmerzmittel gegeben. Die Aufnahme meiner Daten ging dann recht schnell – Name, Geburtsdatum, was passiert ist… Dann durfte ich erstmal, bevor irgendwas anders passiert ist, die Kosten für meinen Besuch in der Notaufnahme zahlen. Dann habe ich gewartet. Und gewartet. Die Notaufnahme war voll mit bestimmt 30 Patienten und ich habe im Laufe meiner Wartezeit erfahren, dass nur ein Arzt anwesend war. Der kam dann auch irgendwann zu mir, hat noch ein paar Fragen gestellt und mich dann, ohne vorherige Untersuchung meines Fußes, in die Röntgenabteilung geschickt. Dort saß ich dann, und habe gewartet. Und gewartet. Für etwas mehr als eine Stunde. Zahlen musste ich diesmal erst direkt hinterher. Zurück in der Notaufnahme kam das Ergebnis dann recht schnell – nichts gebrochen. Der Arzt hat mir erklärt, mein Fuß sei geprellt, oder gezerrt? Sprained und strained klingt so ähnlich… Wobei er meinen Fuß aber nicht mal wirklich angeguckt, geschweige denn angefasst hatte. Mit Kühlgel, einem Verband, einer Dose ziemlich starker Schmerzmittel und Krücken ging es dann zurück zum Campus. Das war Dienstag.

Am Sonntag, als ich beim Zwischenseminar angekommen bin, meinte meine Mentorin dann, wir sollten den Fuß lieber nochmal vernünftig untersuchen lassen. So ging es dann am Dienstag, eine Woche nach dem Unfall, zum Hausarzt, der einen Bänderriss vermutet hat und mich (mutmaßlicherweise wegen meiner Privatversicherung, weil ich erwähnt hatte, dass mein Vater selbst Arzt ist und leider wohl wegen meines Weißseins) zum Radiologen geschickt hat, der am folgenden Tag einen Ultraschall von meinem Fuß gemacht hat. Ich bin allerdings nicht ohne ein Rezept für vier verschiedene Medikamente rausgekommen. Die Ergebnisse – ein teilweiser Bänderriss und eine Entzündung - haben wir dann zurück zum Hausarzt gebracht, zu den wir dann am Donnerstag nochmal hingefahren sind, weil dann der Vertreter der Orthopädiefirma da war, um mir meine Schiene anzupassen, die sogar für Sport geeignet sein soll. Zum Vergleich: Bei meinem Bänderriss am anderen Fuß in Deutschland bin ich in’s Krankenhaus gegangen, habe eine Untersuchung, ein Röntgen, einen Verband und eine einfache Schiene bekommen, fertig. Keine fünf Rechnungen, keine sechs Medikamente, keine drei verschiedenen Doktoren, aber auch keine so gute Schiene wie bei diesem Vorfall. Man sieht: vor allem als Privatpatient ist eine gute Versorgung vorhanden, aber es ist sehr viel aufwändiger als in Deutschland.


Thema #22, Verbreitung der Sprachen: Südafrika ist ein Land mit einer unglaublich großen sprachlichen Vielfalt. Von diesen Sprachen werden elf als offizielle Sprachen anerkannt (Afrikaans, Englisch, Süd-Ndebele, isiXhosa, isiZulu, Nord-Sotho, Sesotho, Setswana, Siswati, Tshivenda und Xitsonga – habe ich gegooglet, weiß fast niemand auswendig). D.h., diese Sprachen dürfen in Behörden, in Primär- und Sekundärschulen, auf Straßenschildern etc. verwendet werden. Natürlich wird aber nicht jede Sprache überall gesprochen. Ich möchte hier als veranschaulichendes Beispiel auf Afrikaans, Englisch und Zulu eingehen, weil ich von den anderen Sprachen ehrlich gesagt nicht wirklich eine Ahnung habe.

Afrikaans ist wohl die südafrikanische Sprache, die neben Englisch am weitesten über das ganze Land verbreitet ist. Auf den ersten Blick denkt man, Afrikaans wäre „die Sprache der Weißen“. Eine nicht zu beachtende Menge der südafrikanischen Weißen spricht aber Englisch als Muttersprache, und vor allem die Coloureds (Mir fällt kein deutscher politisch korrekter Begriff ein, in England wäre es wahrscheinlich mixed-race. Wobei die Coloureds sich selbst nicht mit dieser Bezeichnung identifizieren.) sprechen vorwiegend Afrikaans. Durban ist keine sehr afrikaanssprachige Gegend, die Straßenschilder sind hier eigentlich alle auf Englisch. Kommt man aber nach Gauteng (Johannesburg und Pretoria), so gibt es dort eine größere afrikaanse Bevölkerung. Viele Afrikaanser gehen auch auf die Tuks-Uni in Pretoria. Die Gegend um Potchefstroom in der North West Province ist so afrikaans, dass selbst viele Schwarze dort Afrikaans sprechen und mich, wie oben erwähnt, automatisch für afrikaans halten. In Durban bin ich bisher nicht ein einziges Mal auf Afrikaans angesprochen worden. Im Western Cape, wo Kapstadt liegt, und im Northern Cape wohnen sehr viele Afrikaanser und Coloureds, und dementsprechend wird dort anscheinend am meisten Afrikaans gesprochen. Ich prüfe das dann im Urlaub.

Englisch ist die Universalsprache, die wohl jeder Südafrikaner spricht, der nicht sehr sehr ländlich lebt. Man braucht diese Sprache vor allem, wenn man mit Menschen anderer südafrikanischer Kulturen zusammenarbeiten will, wenn man Informationen mit verschiedenen Sprachgruppen teilen will, etwa bei landesweiten Werbungen, und auch für die Universitäten, die alle auf Englisch unterrichten. Die Schulen dürfen sich zumindest in den ersten Jahren aussuchen, auf welcher Sprache sie unterrichten, was vor allem in den ländlichen, mehr unikulturellen Gegenden Sinn ergibt. Will man aber studieren oder in städtischeren Settings arbeiten, ist Multilingualität absolut notwendig und so gibt es hier nicht wenige Leute, die mindestens zwei, wenn nicht sogar drei oder vier Sprachen fließend beherrschen. Sehr angenehm ist das für mich als Ausländerin, so lerne ich zwar gerne ein bisschen Zulu, kann aber jederzeit auf Englisch zurückgreifen.

Das Zuluvolk umfasst 20 von 55 Millionen Südafrikanern, womit isiZulu die meistgeprochene „Home Language“ ist. Wie der Name „KwaZulu-Natal“ schon sagt, ist die Provinz um Durban das Zentrum dieser Kultur und Sprache. Während in Städten wie Joburg alle möglichen schwarzafrikanischen Sprachen gesprochen werden, hört man hier in den Straßen so gut wie nur Zulu, und auch viele Schilder vor allem in Taxis, die ja traditionell eher von Schwarzen genutzt werden, sind auf Zulu. Kommt man aus der Metropolregion Durban raus, so ist wirklich alles auf Zulu, jeder Schriftzug und man kann auch Pech haben und auf Menschen treffen, die einem nicht auf Englisch weiterhelfen können. Vor allem in der Stadt ist es aber teilweise witzig, Zulus bei Unterhaltungen zuzuhören, da sie viele englische Worte in ihre Sprache aufgenommen haben, die es vor der Kolonisierung nicht gab. „Computer“ ist z.B. „ikhompyutha“, „vegetables“ sind „amavegi“ und so kann man hier und da doch zumindest das Thema erfassen.

Eigentlich wäre es gerade schön, mal wieder ein paar Wochen Alltag zu haben. Aufgrund meines Projektwechsels wird das in nächster Zeit wohl aber nichts, und so werde ich euch demnächst wieder auf den neusten Stand der Dinge bringen. Bis dahin, genießt den sich bald dem Ende zuneigenden Winter, ich mache hier das Bestmögliche aus dem Durbaner Sommer bevor es nach Kenosis geht. Doch kaum zu glauben, mein Bergfest habe ich schon hinter mir und von nun an habe ich nur noch weniger Zeit vor mir, als ich hier schon verbracht habe, 200 von 365 Tagen sind rum! Da kommt mir die Heimreise nach Deutschland Ende Juli erschreckend nah vor. Das vergangene halbe Jahr war vor allem während der ersten Wochen, in denen ich mich einfinden musste, und im Children Care Centre durchgängig sehr herausfordernd für mich. Es gab aber auch unglaublich viele Momente, in denen ich einfach nur sehr dankbar für die Chance, hier zu sein, bin. Das passiert, wenn ich die tollen Landschaften sehe, zu Leuten eingeladen werde, mich zu Gruppen wie dem Cheerleadingteam zugehörig fühle, leckeres südafrikanisches Essen genieße oder einfach nur vom Taxi aus den Blick auf das Durbaner Stadtbild genieße und dann auch mal ein Affe durch’s Bild huscht. Ich bin mir sicher, dass es noch mehr als genug zu tun und erleben geben wird, und ich werde euch darüber berichten.

Liebe Grüße,

Doro

200 Tage in Südafrika noch 165 Tage

 
 
 

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